Qualifiziertes Nichtstun- oder wie man die Zeit der beruflichen Neuorientierung souverän nutzt.

Ein Arbeitgeberwechsel – selber initiiert oder durch Kündigung des Arbeitgebers – ist heute fast immer Teil einer Karriere. Üblicherweise werden Leistungsträger dann kurzfristig von Ihren Funktionen freigestellt. „Leerlauf“, ein Leben ohne Termindruck, Deadlines, Aufgaben und Verpflichtungen. Diese neue Situation auszuhalten und sinnvoll zu gestalten, fällt schwer und definitiv befinden sich Manager:innen hier außerhalb ihrer gewohnten Komfortzone! Man wird zum „Nichtstun“ gezwungen. Wir bei P4 helfen Führungskräften unter anderem dabei, diese ganz besondere Herausforderung optimal zu meistern. Denn ein Wechsel braucht in der Regel vor allem Zeit. Führungskräften, die es jedoch gewohnt sind, die Zügel stets selbst in der Hand zu halten, fällt es schwer, plötzlich keinen großen Einfluss auf den Wechselprozess und den zeitlichen Verlauf zu haben.

An schnelle und selbstbestimmte Entscheidungen gewöhnte Manager:innen erwarten auch bei der Neupositionierung am Arbeitsmarkt eine effiziente Lösung. Doch oft passiert auf dieser Ebene für längere Zeit erstmal wenig. Unsere Beratungserfahrung zeigt, es dauert meistens nicht nur zwei Monate bis zur neuen Position, sondern oft viel länger, nicht selten bis zu zwölf Monate. Um Ihnen nur einige Gründe hierfür zu nennen: Interne – teils internationale – Abstimmungsprozesse und Freigaben, konträre interne Interessen, sich dynamisch verändernde Markt- und Wettbewerbseinflüsse. Betroffenen Manager:innen stellt sich dann natürlich die Frage, warum es nicht voran geht und wieso sich niemand meldet. Zunehmend fällt es schwer, die Abläufe richtig einzuschätzen und nicht selten wird das nicht ausgehalten. Dann wird oftmals Druck auf die Entscheider:innen in dem Prozess gemacht, wiederholt nachgefragt, Ineffizienz unterstellt und man zeigt sich frustriert. Doch das ist natürlich kontraproduktiv.

Ich empfehle daher dringend, die neue, vorrübergehende Rolle anzunehmen: außerhalb der gewohnten Komfortzone sind die Insignien der Macht nun weggefallen, das kann anfangs für viele ein holpriger oder sogar steiniger Weg sein. Nehmen wir zum Beispiel die Familie. Man hat über die Jahre gelernt, größtenteils ohne den auf Karriere ausgerichteten Ehepartner auskommen zu müssen. Es gibt weiterhin viele erfolgreich eingespielte Abläufe, in die sich die freigestellten Topmanager:innen nun plötzlich einmischen. Doch statt sich hier störend einzubringen, empfiehlt sich ein anderer Weg – das „qualifizierte Nichtstun“, was jedoch nicht mit Müßiggang verwechselt werden sollte.

Vielmehr gilt es, jetzt eine Grundeinstellung zu entwickeln, um die neuen und oft langsam verlaufenden Entwicklungen aushalten zu können, ohne gleich negative Reaktionen zu zeigen. Nutzen Sie Alternativen und denken Sie darüber nach, auf welchen anderen Gebieten Sie aktiv mitwirken können. Wir beschäftigen uns intensiv mit der professionellen Analyse der beruflichen und privaten Vita der Topmanager:innen, um die Zeit für die Planung der nächsten beruflichen Schritte optimal zu nutzen. Hier ergeben sich auch teilweise Ansätze für neue Projekte und Ideen, wie zum Beispiel eine Tätigkeit als Advisor oder die Beratung eines Startups. Wichtig ist es zudem, Abstand zum alten Job zu halten und stattdessen lieber Zeit in Familie und Freunde zu investieren. Oder das persönliche Netzwerk abseits der alten Pfade auszubauen und auch mal aktiv an persönlichen Qualifikationen zu Fach- und Persönlichkeitsthemen wie zum Beispiel der digitalen Kompetenz oder einer Ausbildung zum qualifizierten Aufsichtsrat zu arbeiten. Es geht unter dem Strich darum, die neu gewonnene Zeit qualifiziert für sich zu gestalten.

In der praktischen Umsetzung bedeutet das, einen strukturellen Rahmen für diese Zeit zu setzen und dafür eine Tagesagenda zu gestalten. Auch das finanzielle Umfeld will geplant werden – wie lange halte ich so eine Phase überhaupt problemlos durch? Genauso wichtig ist es, das persönliche Umfeld auf die kommenden Wochen und Monate einzustimmen. Kommunizieren Sie nicht nur Ihrer Familie, sondern auch engen Freunden und beruflichen Kontakten, warum es diese Situation gerade gibt und welche (neuen) Ziele Sie damit erreichen wollen.

Der Vorteil dieses Vorgehens liegt auf der Hand: Sie bleiben souverän im Prozess, weder Unzufriedenheit noch überzogener Druck stellen sich ein. Sie verschwenden keine Energie mehr aufDinge, die sowieso nichts bringen. Denn zu sagen, „ich habe mir Zeit genommen“ ist auf diesem Levelmittlerweile absolut salonfähig. Daher sollte diese persönliche Phase mit gutem Gewissen positioniert werden. „Ihr Umfeld soll und darf wissen, dass Ihnen bewusst ist, wie lange so ein Suchprozess dauernkann, so vermitteln Sie Souveränität und Stärke.“

Wenn das Eingeständnis, dass es gerade nicht schneller geht, wirklich angekommen ist, können Sie aus der Not eine Tugend machen. Gewinnen Sie Abstand, reflektieren Sie Geschehenes, treffen und besprechen Sie sich mit guten Freunden und Bekannten und entwickeln dabei eine ausgeglichene Ruhe. Ach ja, Sie dürfen es auch mal bewusst genießen, nicht mehr jeden Morgen um 5.30 Uhr aufstehen zu müssen, dann im Flieger oder der Bahn zu sitzen, unzählige Termine und Meetings wahrzunehmen und erst spät abends wieder nach Hause zu kommen. Mit dem Wissen, dass diese Zeiten wiederkommen, kann man die Phase des „qualifizierten Nichtstuns“ viel besser nutzen, um im Anschluss eine neue Position selbstbewusst und motiviert anzutreten.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und das notwendige „Quäntchen Glück“ auf diesem Weg

Ihr
Frank Vernauer
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